E-Mail-Werbung jetzt ohne Einwilligung?
Ein neues Urteil des EuGH klärt viele Fragen zur E-Mail-Werbung
Hintergrund
In seinem Urteil vom 13. November 2025 nimmt der EuGH Stellung zu zwei Fragen im Rahmen einer Vorabentscheidung, welche ihm durch ein nationales rumänisches Gericht zur Beantwortung vorgelegt wurden. In dem Fall geht es darum, unter welchen Umständen E-Mail-Werbung an Bestandskunden auch ohne Einwilligung Letzterer zulässig ist. Konkret drehten sich die Fragen darum, ob im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Nutzerkontos bei einem Online-Medium die registrierte E-Mail-Adresse „im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58“ erhalten wurde.
Weiterhin, ob der daraufhin erfolgende Versand von Newslettern an diese Adresse Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen im Sinne der vorgenannten Richtlinie darstellt.
Wichtig sind diese Fragen deshalb, weil unter diesen (und weiteren) Voraussetzungen, E-Mail-Werbung an diese Art von Bestandskunden nach Maßgabe der EU-Richtlinie zulässig ist, auch ohne, dass die Betroffenen darin einwilligen. In Deutschland wurde die Richtlinie vor allem in § 7 UWG umgesetzt. Dessen Abs. 3 lautet wie folgt:
„Abweichend von (…) ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn
- ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
- der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
- der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
- der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.„
Die dem Fall zugrundeliegenden rumänischen Vorschriften scheinen einen ähnlichen Wortlaut zu haben.
Entscheidung des EuGH
Um es kurz zu machen: Der EuGH hat letztlich bejaht, dass bereits die Registrierung für ein derartiges Online-Portal den Verkauf einer Dienstleistung darstellen kann und dass der nachgehend versendete Newsletter Direktwerbung für eigene ähnliche Dienstleistungen enthalten darf. Werbung per E-Mail ist damit ohne Einwilligung zulässig, auch ohne, dass Geld für eine Dienstleistung geflossen ist. Allerdings bedarf es dennoch eines irgendwie gearteten Austauschgeschäfts. Vorliegend sahen dies die EuGH-Richter darin, dass der Kunde seine E-Mail-Adresse zur Verfügung stellen muss, um Zugang zu Inhalten zu erhalten und um ihn dann über diese E-Mail-Adresse „bespielen“ zu können.
Bedeutung für die Werbung durch Unternehmen
Ändert dies nun grundlegend die Möglichkeiten für deutsche Unternehmen, per E-Mail Werbung für ihre Produkte und Dienstleistungen betreiben zu können? Aus unserer Sicht ist die Antwort klar: Nein!
Auch wenn effekthaschende Überschriften eine andere Einordnung nahe legen, so hat der EuGH nur klargestellt, was zumindest in Deutschland ohnehin gängige Praxis und Rechtsprechung war. Es ist eine spannende und sehr praxisrelevante Frage, ob bereits die Einrichtung eines Nutzerkontos bzw. die Anmeldung zu einem Newsletter den Verkauf eigener Dienstleistungen darstellt und dementsprechend einwilligungsfreie Werbung unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG erlaubt. Dies war hierzulande aber u. a. durch ein Urteil des OLG München aus dem Jahr 2018 geklärt (Urteil vom 15.02.2018 – 29 U 2799/17). Erfreulich ist natürlich, dass der EuGH diese Rechtsprechung bestätigt.
Unternehmen können so zwar auch E-Mail-Werbung ohne Einwilligung betreiben, ohne dass ein „echter“ Verkauf stattgefunden hat, es sind aber weiterhin die strengen Anforderungen des UWG zu beachten. So muss der Kunde zwingend über diese Intention und sein Widerspruchsrecht bei Erhebung der E-Mail-Adresse informiert werden. Dies kann auch nicht nachträglich geheilt werden. Unternehmen können ihre Prozesse diesbezüglich daher nur für die Zukunft optimieren.
Auch Beipackwerbung ist unter diesem Ausnahmetatbestand nicht möglich, was in vielen Unternehmensgruppen mit diversem Produktportfolio ein Problem darstellen wird.
Weiterhin muss ein Prozess gestaltet werden, der diese Art der Opt-Out-Kommunikation mit ggf. ebenfalls laufenden Opt-In-Prozessen in Einklang bringt. In der Praxis ist das oft schwer zu managen. Zuletzt muss immer im Einzelfall geprüft werden, ob tatsächlich ein Austauschgeschäft vorliegt, welches einen „Verkauf“ im Sinne von § 7 Abs. 3 UWG darstellen kann. Nicht bei jeder Registrierung mit E-Mail-Adresse ist dies der Fall.
Ein anderer Punkt, den jedes Unternehmen beachten muss ist allerdings der Folgende:
Der EuGH hat entschieden, dass die jeweiligen nationalen wettbewerbsrechtlichen Normen bei dieser Art Kommunikation der DSGVO vorgehen. Das heißt, dass Datenschutzinformationen ggf. angepasst werden, denn Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO, welcher hierfür bislang gerne bemüht wurde, ist damit nicht mehr einschlägig.
Praktisch bleibt es damit so wie es war. Unmöglich ist hingegen nichts, man muss es nur ordentlich durchdenken. Gerne helfen wir dabei. Kontaktieren Sie uns und abonnieren Sie doch auch unseren Newsletter, um in Sachen Datenschutz keine Neuigkeit zu verpassen.
